
Legasthenie
Was bedeutet Legasthenie eigentlich genau?

Unter Legasthenie versteht man eine genetisch bedingte Lese- und/oder Rechtschreibschwäche. Legasthenie erkennt man, wenn es bei offensichtlich intelligenten Kindern zu einer deutlichen Diskrepanz zwischen ihren allgemeinen Fähigkeiten/Leistungen und jenen, die sie im Schreib-/Lesebereich erbringen, kommt. Weiters fällt bei legasthenen Kindern auf, dass es ihnen sehr schwer fällt, ihre Aufmerksamkeit zu halten, sobald sie mit Buchstaben zu tun haben. Ansonsten ist ihre Aufmerksamkeit (im Zusammenhang mit anderen Dingen) sehr gut. Diese zeitweise Unaufmerksamkeit beim Lesen und Schreiben führt dann zu den typischen Wahrnehmungsfehlern von legasthenen Kindern, die sich recht deutlich von „normalen“ Rechtschreibfehlern unterscheiden.
Legasthenie = eine Kombination aus differenten Sinneswahrnehmungen, Aufmerksamkeitsschwierigkeiten in Verbindung mit Buchstaben und in Folge davon Wahrnehmungsfehlern.
Was sind die Ursachen für Legasthenie?
Neuere Forschungen weisen darauf hin,
dass Legasthenie zu einem großen Teil biogenetisch bedingt ist. Bisher wurden 6 Regionen auf den Chromosomen 1, 2, 3, 6, 15 und 18 identifiziert, die die Lese- und Rechtschreibfähigkeit indirekt beeinflussen. Hirnforscher konnten durch Computertomographie (CT) oder Magnetresonanz (MR) bereits legasthene Gehirne von nicht-legasthenen Gehirnen unterscheiden.
Schätzungen zufolge sind 15% der Weltbevölkerung legasthen.

Ist Legasthenie und Lese-/ Rechtschreibschwäche dasselbe?

Definitiv nein. Auf den ersten Blick wirken Legasthenie und LRS zwar sehr ähnlich, aber der relevante Unterschied ist die Ursache.
Von einer Lese-Rechtschreibschwäche sprechen wir, wenn die Ursache nicht genetisch bedingt ist, sondern eine erworbene – zumeist vorübergehende - Problematik darstellt, die durch psychische oder physische Ereignisse (Krankheit, besondere Vorkommnisse in der Familie etc...) hervorgerufen wurde.
Warum ist dieser Unterschied so relevant, wenn die Symptome doch praktisch die Gleichen sind?
Die Unterscheidung von Legasthenie und LRS ist deshalb von enormer Wichtigkeit, da die Art der Förderung und Interventionen eine andere ist. Bei der Förderung eines legasthenen Menschen reicht es nicht aus, nur den Schreib- und Lesebereich (den Symptombereich) zu trainieren, sondern es ist notwendig an den betroffenen Sinneswahrnehmungen und der Aufmerksamkeit zu arbeiten. Erst dann werden sich auch Erfolge im Symptombereich einstellen können.
Bei Kindern mit einer LRS genügt es zumeist, wenn die Ereignisse, welche die LRS hervorgerufen haben, in geregelte Bahnen gelenkt werden und parallel ein Training im Symptombereich stattfindet.

Ab wann lässt sich eine Legasthenie feststellen?

Der früheste Zeitpunkt dafür liegt in der zweiten Hälfte der ersten Schulstufe. Auf jeden Fall muss das Kind sich schon ausreichend mit Buchstaben auseinandergesetzt haben. Im Vorschulalter kann man zwar differente Sinneswahrnehmungen durch Testverfahren feststellen, diese müssen aber nicht zwingend eine Legasthenie nach sich ziehen.
Einmal Legasthenie – immer Legasthenie?
Man kann eine Legasthenie mit spezieller Förderung sehr gut ausgleichen, so dass der betroffene Mensch keine Probleme mit unserem gängigen Schriftsprachesystem mehr hat. Allerdings bleibt ein legasthener Mensch sein ganz Leben lang ein legasthener Mensch mit seinen ganz speziellen Fähigkeiten! Glücklicherweise. :)
Warum reicht vermehrtes Üben im Lese-Rechtschreibbereich nicht aus?
Weil die Fehler beim Lesen und Schreiben lediglich die Symptome einer Legasthenie sind, nicht aber die Ursache. Schon sehr oft hat sich gezeigt, dass vermehrtes Üben bei legasthenen Kindern sehr viel Frust erzeugt, da trotz vermehrter Anstrengung der Erfolg ausbleibt. Arbeit an der Ursache (Sinneswahrnehmungen) und Aufmerksamkeit ist unerlässlich.
